Die Qual der Wahl
von Vincenzo Delle Donne | |
Italien hat gewählt, und die alte politische Instabilität ist geblieben. Eigentlich also nichts Neues auf dem Apennin. Doch das überraschende Wahlergebnis wurde indes nicht in diesem Ausmaß erwartet. So wurde der greise Berlusconi, der wegen seiner Vorstrafe nicht kandidieren durfte, mit seiner Forza Italia mit knapp 14% der Stimmen nur die viertstärkste politische Kraft des Landes. Dem Wiederauferstandenen, der sich als einziger Retter des Landes gebärdete, verwehrten die Wähler indes ein neuerliches Mirakel. Der „Mini-Berlusconi“ vom sozialdemokratischen Partito Democratico, Matteo Renzi, wurde ebenfalls abgestraft und landete mit mageren 19% nur auf Platz drei. Das Ende von Renzis politischer Karriere scheint besiegelt. Der Toskaner kündigte an, dass der Partito Democratico in die Opposition ginge und er selbst den Parteivorsitz abgebe. Als große Sieger brillierte hingegen die 5-Sterne-Bewegung, die ausgerechnet im unterentwickelten Mezzogiorno abräumte – dort, wo die Mafia und das organisierte Verbrechen das Sagen haben. Mit über 32% der Stimmen wurde die „Bewegung“ zur stärksten politischen Kraft des Landes und bekundet den Willen auf Veränderung. Zu den Wahlsiegern zählte auch Matteo Salvinis Lega Nord, die knapp 18% erhielt und auf Platz drei landete. | Wenn man die Stimmen beider Protestbewegungen summiert, ergibt sich eine regierungsfähige Mehrheit. Aber zu groß sind die programmatischen Unterschiede beider Gruppierungen, um ein Zusammengehen zu wagen. Eine Regierung aus dem Ergebnis dieser verworrenen Wahl zu bilden, dürfte also nicht einfach werden. Denn die Stimmen von Berlusconi und „Mini-Berlusconi“ reichen nicht aus, um eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Italiens dritte Republik sei angebrochen, kommentierte der Spitzenkandidat der 5-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, der unterschwellig nicht nur den Anspruch auf die Bildung einer neuen Regierung anmeldete, sondern auch Gesprächsbereitschaft mit den anderen Parteien andeutete. Staatspräsident Sergio Mattarella wird wohl nicht umhinkommen, zunächst ihm den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Herauskommen könnte eine Minderheitsregierung der 5-Sterne-Bewegung, die sich immer wieder die Mehrheiten für die Gesetzesvorhaben suchen müsste. Es wäre nicht das erste Mal in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Das Manövrieren des Landes am Abgrund geht also weiter. |